"Die Bearbeitung von bleifreiem Automatenstahl stand mit der Einführung der RoHS-Richtlinie* vor einigen Jahren bei uns im Mittelpunkt", erklärt Markus Nusser, Produktionsleiter des Bereichs Bohrfutter bei der Röhm GmbH. Diese EU-Norm sollte die Verwendung bestimmter gefährlicher Materialien in Elektro- und Elektronikgeräten einschränken. Für den Spannmittelhersteller aus Sontheim an der Brenz hieß es also, sich für die gesetzlichen Änderungen zu wappnen - auch wenn diese für Röhm als "Kleinelektro-Hersteller" noch nicht bindend sind.
"Zu der Zeit arbeiteten wir ausschließlich mit HSS-Werkzeug", erklärt Nusser. "Die positiven Eigenschaften von Hartmetall waren uns sehr wohl bekannt, jedoch hielten wir es nicht für möglich, dass Werkzeuge am Markt existieren, die mit solchen extremen Bedingungen zurechtkommen."
Zuverlässiger Partner
Als Partner für ein Entwicklungsprojekt holte sich Röhm die Firma Leistritz mit ins Boot. "2017 begannen wir mit den ersten Testläufen: In unserer Automatenfertigung für Bohrfutter, die mehrere Millionen Teile im Jahr produziert, haben wir Formplatten von Leistritz in acht- und sechsspindeligen Stangenautomaten eingesetzt", erklärt Peter Östreicher, Arbeitsvorbereitung bei Röhm. "Die Resultate haben uns begeistert - vor allem wenn man weiß, wie schwierig es ist, dieses Material zu bearbeiten."
Als Testlauf hat es angefangen. Mittlerweile produzieren wir auf mehreren Automaten mit Leistritz Flachformwerkzeug.
(Markus Nusser, Leitung Produktion Bohrfutter, Röhm GmbH)
Das Profilwerkzeug aus Hartmetall war nicht nur dreimal länger im Einsatz als das günstigere HSS-Werkzeug, auch die Stillstandzeiten konnten erheblich verkürzt und somit die Fertigungsnebenkosten deutlich reduziert werden. "Die HM-Variante scheint zunächst zwar kostenintensiver, aber es rechnet sich. Die Vorteile sind überzeugend."
Top-Ergebnisse durch Optimierung
"Dieser Herausforderung haben wir uns bereits vor einigen Jahren gestellt. Wir haben in verschiedenen Projekten an Lösungsansätzen für Werkstoffe und Beschichtungen gearbeitet. Die Ergebnisse aus diesen Erkenntnissen sind auch in die Tests bei Röhm eingeflossen", so Norbert Kanski, Gebietsverkaufsleiter bei Leistritz.
"Natürlich gab es auch einige Hürden, die zu nehmen waren. Beispielsweise war es gar nicht so einfach, die Fertigung von einer großen, leistungsstarken Maschine auf eine kleine, deutlich leistungsschwächere und nicht ganz so stabile Maschine zu übertragen."
Hier mussten konstruktive Anpassungen durchgeführt werden: Um geringen Verschleiß bei gleichzeitig verbesserten Standzeiten zu erzielen, mussten etwa die Schneidgeometrien an die jeweiligen Verhältnisse angepasst werden. Bei jedem neuen Bauteil brachte dies einen teilweise neuen Entwicklungsprozess mit sich. "Dank des tollen Einsatzes des sehr motivierten Teams an Maschineneinstellern, welches die Fertigungsergebnisse zuverlässig dokumentiert hat, konnten wir unsere Optimierungsarbeiten zügig vorantreiben."
Der Herausforderung der "Bearbeitung von bleifreiem Material" haben wir uns bereits vor einigen Jahren gestellt und Lösungsansätze für Werkstoffe und Beschichtungen erarbeitet.
(Norbert Kanski, Gebietsverkaufsleiter, Leistritz Produktionstechnik GmbH)
Einsatz auch bei bleihaltigem Stahl
"Die EU-Norm war der eigentliche Grund für uns, HM-Werkzeuge zu testen. Da wir so positive Erfahrungen mit den HM-Formplatten gemacht haben, entschlossen wir uns dazu, sie auch in der jetzigen Produktion mit bleihaltigem Stahl einzusetzen", so Nusser. Speziell bei Operationen mit hoher Spanleistung konnte das Unternehmen so die Fertigungszeit um 10% reduzieren und somit den Output deutlich erhöhen bzw. die Stückkosten senken. Die Standzeit hat sich auch deutlich verbessert - selbst bei nachgeschliffenen HM-Formplatten.
"Ohne die kompetente Beratung und Betreuung des Leistritz-Teams hätten wir diese Ergebnisse nicht auf den Weg gebracht", sagt Nusser. "Während der gesamten Projektphase wurden wir von der Werkzeugentwicklung mit großem Fachwissen und Begeisterung begleitet."
*Die EU-Richtlinie 2011/65/EU dient der Beschränkung der Verwendung bestimmter gefährlicher Stoffe in Elektro- und Elektronikgeräten. Sie regelt die Verwendung und das Inverkehrbringen von Gefahrstoffen in Elektrogeräten und elektronischen Bauelementen. Die Richtlinie 2011/65/EU (RoHS 2) löste am 3. Januar 2013 die Vorläufer-Richtlinie 2002/95/EG (RoHS 1) ab. Beide Richtlinien werden inoffiziell mit RoHS abgekürzt (englisch Restriction of Hazardous Substances).